Montag, 19. September 2011

Expedition 1 - Architektur Ausflug "Bis nach Schweden und zurück!"

Was für ein Ausflug! Von 8 in der Früh bis 15 Uhr unterwegs mit einer dänischen Architektin. Mit dem Boot, mit dem Bus und zu Fuß! Das war Teil meines Danish Architecture and Urban Planning - Kurses und hier gibt's einen kleinen Überblick:

Prinzipiell ging es um Projekte, die ganze Stadtteile neu strukturieren sollen.
Begonnen hats aber mitten in Kopenhagen in Nyhavn, dem alten Hier-kommen-die-Segler-an-und-vergnügen-sich-mit-Prostituierten-Viertel.
In den 90ern waren hier rund um den Kanal noch lauter Parkplätze. Heute gibts hier das teuerste Bier in schicken Bars und Restaurant, die nahezu RundumsJahr Stühle, Tische und Decken im Freien zur Verfügung stellen.

Kopenhagen gings nämlich finanziell ziemlich besch***** und die Leute sind hier weggezogen, wie die Elite aus Russland heutzutage. Seit dem wird fleißig auf die Stadtplanung geachtet und neue Vierteln werden aufgebaut.
So zum Beispiel dieses hier im Süden des Zentrums.
 Hier wurden ein paar Tricks angewendet, damit es etwas natürlicher aussieht. In Wahrheit ist alles, auch die Kanäle, gebaut worden. Diese wurden eben nicht gerade sondern gebogen gebaut.
 Die Hausfassaden, es handelt sich dabei in Wirklichkeit um einheitliche, riesige Gebäudekomplexe, durch unterschiedliche Fassaden in kleine Einheiten aufgeteilt.
Die Höfe sind öffentlich zugänglich. Das hat zur Folge, dass die Einwohner sich unter einander besser mischen und dass man sich in den Höfen trifft, wenn man sie auf dem Weg zum Bus durchquert.

Weiter außerhalb wurde ein völlig neues Stadtviertel aufgebaut, das sich durch die Metrolinie dorthin finanziert. Wie genau, werden wir erst erfahren. Leider hat die Rezession die laufenden Projekte vorerst etwas eingefroren.
Wichtig in neuen Stadtteilen und auch an Bedeutung in alten nicht zu unterschätzen ist der Landmark-Faktor. Hier ist es wichtig, dass Gebäude etwas besonders haben, etwas, woran man sich orientieren kann und das Wiedererkennungswert hat.

 Das riiieeeeeßige Wohnhaus hier drunter hat zum Beispiel eine "8" als Grundriss und ist dementsprechend als Projekt 8 bekannt. Was man hier in Kopenhagen weiß, ist, dass reine (homogene) Wohngegenden keine besonders belebten Gebiete ergeben. Heterogenität wird großgeschrieben und es wird tunlichst darauf geachtet, dass es Geschäfte, Betriebe und Dienstleistungsunternehmen leicht haben hier Fuß zu fassen. Am neuen Wiener Zentralbahnhofs-Stadtteil wird das zB bereits kritisiert. Wenn ich es richtig verstanden habe, soll es dort große Wohneinheiten geben, ein gesondertes Bankenviertel und die Einkaufszentrale im Bahnhof. Das sind die besten Voraussetzungen für verödete Stadtteile (siehe Regierungsviertel St. Pölten!!!).

 

Die erste Stadt, die man erreicht, wenn man über die Øresund-Brücke nach Schweden fährt ist Malmö. Malmö gings auch lange Zeit nicht besonders gut und die Stadt galt als Problemzone. In Schweden findet alle zwei Jahre eine Architektur-Messe statt, durch die zB 1930 die Moderne erst nach Skandinavien kam und unter anderem die Neue Dänische Architektur stark beeinflusst hat.
2001 gabs jedenfalls wieder so eine Messe, mit Hilfe derer man Malmö etwas aufmöbeln wollte. Mehr dazu in Kürze. Hier zuerst der "Turning Torso", den man in der Nähe der kleinen Meerjungfrau bauen wollte. nachdem die Kopenhagener ihn aber nicht wollten, haben in sich die Malmöer geschnappt ;)

 Dieses Haus hat uns die Architektin unter anderem deswegen gezeigt, da die Balkone hier mit Erde gefüllt sind. Darüber liegen Holzleisten, die man nach belieben aufklappen kann um Gemüse anzupflanzen.

So nun aber zur Architektur-Messe. Ziel war es eine Wohnsiedlung zu bauen, die auf Nachhaltigkeit setzt. Jedes Projekt musste eine gewisse Ökopunkteanzahl erreichen. 



So gibt es zum Beispiel diese Abfall-"Eimer", die Restmüll und Kompost sammeln um damit die umliegenden Häuser zu heitzen. Außerdem gab es Punkte für Wärmeisolierung und Solaranlagen, aber auch für Tümpel und Vogelhäuser, die Raum für die native Fauna und Flora lassen.

Wirklich cool fand ich auch, dass hier überall Wass zwischen den Häusern zu sehen war. Auch an der Strandpromenade gibt es verspielte Wasser-Details.

Ein weiteres Ziel der Messe war es einen Stadtteil zu gründen, der auch andere Malmöer anzieht. Wenn das Wetter schöner ist sammeln sich tausende Leute an der Promenade. Auch um zu baden.



Nach einer Busfahrt weiter ins Landesinnere, wurde plötzlich diese absurde Wohnsiedlung sichtbar.

Dieses Städchen mit ca. 5000 Einwohnern wurde vor 8 Jahren aus dem Boden gestampft. Die Häuser wurden alle nach modernen Richtlinien gebaut, aber mit historischen Fassaden versehen. Von außerhalb der Stadt sieht das ein bisschen lächerlich aus, aber mitten drinnen könnte man echt glauben, die Stadt steht schon ewig da. Manchmal erkennt man auch aufgemalte Risse und "abgepröckelten" Putz.

Die Stadtmauer, ebanfalls historisch gehalten, lässt an einem Ende unabsichtlich die "mittelalterliche" Stahlbeton-Bauweise erkennen (konnte leider kein Foto davon machen) und dient hauptsächlich als Lärmschutzwand vor den Bahngleisen dahinter. Das Städchen liegt strategisch gut zwischen der Universitätsstadt Lund und Malmö.

Hier erkennt man, dass im Hintergrund Häuser nach Hanse-Vorbild erichtet wurden. Das erkennt man daran, dass die Gibeln zur Straße schauen, während im Vordergrund der Beginn einer Straße zu erkennen ist, die einen alten dänischen Stil nachstellen, der sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass die Dächer zur Straße hin abgeflacht sind (die Gibel also zueinander schauen). Das ermöglicht der sehr spärlichen und schräg einfallenden Sonne die Straßen zu "erwärmen" (als ob die Sonne hier irgendetwas erwärmen könnte ;).
Absurdes Detail: Die Stadt wurde von zwei Brüdern aufgebaut, nach den Plänen ihrer Mutter. Steht also von oben bis unten und von vorne bis hinten unter Privatbesitz. Die Warteliste auf eine Mietwohnung hier ist ca. 4000 Anfragen lang und es werden in Schweden bereits zwei weitere Städte nach gleichem Muster erichtet. Jetzt muss man sich vorstellen. hier gehört alles (!!!!!) diesen zwei Brüdern. Die ganze Stadt! Total verrückt. Kein einziges öffentliches Gut hier. Also ich find das gruselig - aber bitte.
Ein Vorteil sind die sehr niedrigen Mieten, die dadurch erzielt werden, dass die Häuser hier in Wirklichkeit alle aus den selben Materialien bestehen. So gibt es zB nur zwei Fenstertypen, die halt durch unterschiedliche Farben variiert werden und in der ganzen Stadt Ausnahmslos eingesetzt werden.

Ein bisschen erinnert das an die "künstlich gebauten" Pensionistenstädte in den USA.

1 Kommentar:

  1. es ist schon donnerstag! ich warte auf einen neuen eintrag!! ;)

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