Freitag, 28. Oktober 2011

Höflichkeit erfahren!

Bitte vorstellen:

Frau verstellt mit ihrem Fahrrad den gesamten Fahrradweg, wirkt etwas abwesend.
Mann radelt mit rasant auf sie zu, muss vollständig abbremsen.
(Folgendes Gespräch verläuft in ruhigem Tonfall und ernst gemeinter Höflichkeit.)
Mann: Könnten Sie bitte den Weg frei machen?
Frau: Oh, entschuldigung, klar. (macht den Weg frei)
Mann: Herzlichen Dank! (radelt weiter)

Natürlich könnte das genauso in Wien passieren, aber der Unterschied läge wohl im Tonfall. Als ich daneben stand und den Mann herunterbremsen sah, hatte ich bereits Angst er würde der Frau an dir Gurgel gehen, oder ihr zumindest ein wienerisches "Sag mal, bist du deppert, oder was?" ins Gesicht schreien.
Aber hier. NIchts dergleichen. Ein höffliches Gespräch zwischen zwei erwachsenen Fremden.

Und wiedermal: Die Dänen und das Wetter

Am Dienstag im Architekturkurs haben wir wieder mal etwas gelernt, dass einiges über die Dänen erklärt:

Im Deutschen gibt es das Sprichwort: "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung."
Es ist nicht schlecht, aber betont die Rolle der Kleidung. Nun kann man sich natürlich unter Plastikhüllen verbergen, dicke Daunenjacken tragen oder Moonboots, sich mit Snowboard-Handschuhe und Schihosen bekleiden. Das macht den Kleidungspart zwar besser, aber das Wetter bleibt - wenn auch zumindest nicht schlecht, dann eben indifferent.


Nun haben wir den 28. Oktober, in einer Stadt, die, der geographischen Höhe folgend, wäre sie in Nordamerika, in Alaska liegen würde. Diese Woche kann durchaus als feucht, nebelig, regnerisch und kalt bezeichnet werden. Nächste Woche beginnt der November und trotzdem, trotzdem sieht man Dänen in kurzen Hosen. Männer und Frauen. Am Fahrrad oder zu Fuß (gibt sicher auch welche im Auto, aber die sieht man halt nicht).
 Ich weiß, hier scheint grad die Sonne, aber die Frau mit kurzen Hosen, die ich gestern gesehen habe (soweit ich erkennen konnte, ohne Strumpfhosen), spazierte durch dänisch wassergetrenkte Luft.

In Dänemark sagt man nämlich (den genauen Wortlaut hab ich leider nicht parat): "Nur die Hälfte des Wetters spielt sich draußen ab, die andere Hälfte ist in deinem Kopf."

Der Refrain des WiseGuys-Liedes "Jetzt ist Sommer" entspricht demnach der dänischen Sichtweise:
"Jetzt ist Sommer, egal ob man schwitzt oder friert. Sommer ist was in deinem Kopf passiert!"


In meinen Bemühungen, dem dänischen Wetterverständnis auf die Schliche zu kommen, habe ich es mittlerweile geschafft, mich dem durchschnittlichen Dänen anzupassen. Das bedeutet, dass ich auch Nachts noch nur mit leichtem Pullover und Haube bekleidet Rad fahren kann. Die Haube wird mir meistens sogar zu warm.




So kommt es, dass ich die gestrige Nebelwand so richtig genießen konnte. Es war traumhaft schön. Überall Wasser in der Luft, obwohl es ausnahmsweise mal nicht geregnet hat. Fahrradfahrer, Fußgänger und sogar riesige, gelbe Busse schälten sich aus der Weißheit oder versanken darin.


Hier sind noch zwei Videos (man beachte die Anzahl der Fahrradfahrer am Ende des ersten)...






...und noch ein Bild, das zeigt, wie wunderschön Copenhagen aussieht, wenn es draußen nachts, kalt und feucht is:

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Erstes Resumee / First Résumé

Nachdem ich nun schon einige Zeit in Kopenhagen verbracht habe, ist es Zeit für ein erstes Resümee!


After coming to Denmark quite often the last couple of years and finally really living here for more than a month, I think it is time for a first résumé:

Ok, I tried to organize the points I like about Copenhagen, but there are so many, and most of them are so interwoven with each other that I just dont know how to do it. That's why I will write about them as messy as they are in my head, but mind that many of them may be connected to some particularly danish values such as fairness, trust, contentment and the hugge-concept.

Let's start with queueing:
In a lot of places you don't have to queue. Why? Because they are using a lot of those queueing-tickets-machines, where you can draw a number and sit down to read a book while waiting for your number to appear. At first I thought "stupid danes, need machines to queue properly". My second thought was about queueing in Austria, where people, even if not deliberately, try to get in front of you in the line from time to time. I hate those moments.

Bicycle-Culture
I don't think I have to say much about this. Huge bicycle-lanes, foot-rests for cyclists at traffic lights, free to use air-pumps all around the city (I even found some attached to official rubbish bins) and last but not least all those beautiful people cycling.
And don't tell me about how easy it is to apply cycling in Copenhagen and therfore naturally bound to be a success since all is flat and cosy.
Reading articles and comments in Austrian newspapers about cycling in Vienna makes me sick!
There is this standard set of objections, which are frequently used to justify Vienna's missing bicycle-culture:

Objection 1: "Vienna is sooooo hilly, I can't bike here."
- There is fu***** strong head wind in Copenhagen, which can be faaaar more exhausting than hills and you are likely to have head wind in both directions! (I haven't figured out yet, how that works.)
Objection 2: "We have so much rain and snow in Vienna."
Hallo, we are speaking about Copenhagen! It rains a lot here too, a llloooooottt and almost every day! It is freezing cold most of the year and there can be a lot of snow too. Now if there is, Copenhagen has its own cycling-lane-snowplows!

Culture/Internationality
There is a lot going on in Copenhagen. But what amazes me is the readiness and willingness of people to speak and listen to English. A lot of events are hosted in English. At the beginning of every universitarian sports-course we have been asked if there is somebody, who doesn't speak danish. If there were some, or even just one, everything was taught in English. This may sound like no big deal to some but I remember a "international" conference at the Philosophy-department in Vienna, where nothing but the rather unimportant welcome-speech was translated to English. That's just pathetic.


Studying
Well, this advantage would make up for a lllllllloooooooottttttttt of disadvantages. As every danish student, I get paid for studying! Paradise!

Divorce-Rate
The divorce-rate in Denmark is one of the highest worldwide. I am convinced that this is one of the best parts of Copenhagen. Apparently it is more important to be happy than to be married, which could even be better for the children (and a lot of danes have children!). It seems as if people divorce each other before they really start to build up bloodthirsty hatred, which allowes them to stay in friendly and close contact and sometimes even friendship.


Any drawbacks?
Danes are too hot! I am regularly about to cause a traffic accident, due to my inability to take my eyes off of them ;) 

Jetzt ist es offiziell: Ich bin verliebt in die Inneneinrichtung der Uni

Gestern bin ich endlich dazu gekommen, ein paar Fotos von einer meiner Entdeckungen zu schießen.
Auf dem Weg zur Architektur-Vorlesung traute ich meinen Augen nicht. Doch tatsächlich, die haben Hängematten in der Bibliothek!!!!!!







long time no see...


Der letzte Post ist nun wirklich lange her, dabei gäbe es soviel zu berichten!

In der Zwischenzeit war ich in den Efterårsferie (Herbstferien) oder auch Kartofflerferie auf einen Kurzurlaub in Österreich.
Es war wirklich schön so viel Familie und so viele Freunde zu sehen, aber Österreich an sich geht mir nicht ab. So nervt es mich unendlich, dass ich heute wahrscheinlich schon 55 mal auf google.at war, wo auf den heutigen österreichischen Nationalfeiertag aufmerksam gemacht wird. Passender könnte das Bild dafür nicht sein:
 
Berge, Schispuren und fahnenfarbige Buchstaben in altem Stil gehalten. Von Zukunft keine Spur. Und ganz ehrlich, wenn man aus Dänemark nach Österreich blickt, sieht man ein zurückgebliebenes, dummes Kind, das an seinen Pickeln rumdrückt und dabei wie am Spieß, hysterisch herumschreit, in der Hoffnung so weiter zu kommen. Kindergarten halt. Verwöhntes Kind im Kindergarten mit pickelverhermten Gesicht. Das muss man sich mal vorstellen.

Vielleicht ändert sich ja bald mal was, aber so wie's aussieht wohl nicht. Und wenn es dann endlich soweit ist, ist die Erde wahrscheinlich nicht mehr bewohnbar, ein 3. Weltrieg ist ausgebrochen, Österreich wird zur dritten Welt gezählt oder eine beliebige Kombination dieser Punkte.

Dänemark heißt mich mit frischem Wind, feuchtem Gesicht, endlosen Fahrradwegen und freundlichen Leuten willkommen. Danke Dänemark.

Womit sonst noch folgt in Kürze.

Freitag, 14. Oktober 2011

Unsere sexy Nachbarn! (sexy neighbors)

Wann man sich sicher sein kann, dass die Nachbarn gerade Sex hatten?
Rhythmische Klopfgeräusche + anschließende Zigarettenrauchschwaden vom Nachbar-Balkon ;)

Da unsere Nachbarn regelmäßig vom Balkon in den Hof springen (Abkürzer), wissen wir, dass die Wohnung voll ist mit jungen, blonden, sexy, sportlichen, frechen Jungs, oder besser "Unterhosenjungs" wie wir sie nennen.

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How to make sure, whether or not your neighbors just have had sex? Risk a look out of the window and check if there is any cigarette-smoke coming from your neighbouring windows/balcony! ;)

It may should be added that our neighboring flat (we frequently see them jumping down from there groundfloor balcony into the courtyard) is loaded with young, blond, sexy, sporty, naughty, danish lads ;)

Now let your fantasy go wild!

Montag, 10. Oktober 2011

Restliches aus meinem ersten Monat - Gruselkeller und Sexrevolte


Als Entschuldigung für die lange Pause, gibt's hier ein paar Überbleibsel aus dem Monat September.

Hier ist wirklich immer was los. In Wien ja auch. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es hier mehr gibt, Unterschiedlicheres, Experimentelleres, Hipperes und vor allem auch Internationaleres.
Und vom Wetter lassen sich die Kopenhagener dabei natürlich nicht abbringen. Weswegen es auch immer wieder Openair-Veranstaltungen gibt.

Live-Musik hört man hier wirklich oft und oft auch bei freiem Eintritt, wie hier in der Blågårds Apotek in unserer Nähe.

Damit man auch endlich mal sieht, mit wem ich immer um die Häuser ziehe:
Neben mir, von links nach rechts: Danika (Vancouver/Montreal), Daniele (Verona) und Sandy (Toronto). Wir sind gemeinsam im Philosophie-Kurs über Scham, weswegen wir uns öfter mal, aus wissenschaftlichen Gründen, völlig schamlos benehmen.


Falls es jemand nicht mitbekommen hat (ich hätte es sicher nicht mitbekommen), die diesjährige Fahrrad-Weltmeisterschaft fand heuer in Kopenhagen statt und zwar mitten in Kopenhagen.
Der H.C. Anderson Boulevard (eine der Verkehrshauptverbindungen durch die Stadt) war zum Beispiel tagelang für PKWs gesperrt. Mit dem Fahrrad konnte man meistens durch, aber leider nicht immer. Ich hatte den Eindruck, dass die Kopenhagener Autofahrer Staus nicht gewöhnt sind und bei dem ausnahmsweise mal etwas stockenderen Verkehrsaufkommen etwas nervös wurden. An den Engstellen hat man da schon öfter mal vereinzeltes Gehupe gehört. Ich weiß, in Wien hupt man ständig. Hier normalerweise nicht (Ausnahme: Busfahrer).

An jeder Straßenecke findet man Läden, die irgendwas mit Öko zu tun haben. Bei einer Mini-Exkursion mit dem Architekturkurs zu einem kostenlosen und für die Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Sport-/Kulturzentrum habe ich die Ökonashornbar entdeckt "Øko er et næsehorn" (Öko ist ein Nashorn).
 Die Gegend hier (zwischen dem Amager-Campus (KUA) und dem Amager Strand) war früher (für dänische Verhältnisse) eher gefährlich. Nach einigen Gegenmaßnahmen scheint sich das Viertel aber gut zu entwickeln. Es wurde unter anderem diese Sport-/Kulturhalle erichtet, ein Gemeindezentrum mit Bibliothek (wunderschön) und ein breiter Geh- und Fahrradweg, der direkt zum Strand führt. Direkt am Weg wurden einige Installationen gebaut, die sich die Bewohner damals wünschten: Baskeballplatz, Mini-Streetsoccer-Platz, eine kleine Bühne für spontane Aktionen etc..

Hier noch ein Bild von der Fahrradweltmeisterschaft. Auf dem Heimweg bin ich große Teile des Anderson Boulevards innerhalb des Rennrings gefahren. Sogar durchs Ziel bin ich (ich war nicht der einzige, der sich dabei gefilmt hat ;).

Die schnellste Einzelzeitfahrt (was auch immer das genau bedeutet) in der Juniorengruppe hat übrigens Mads Würtz Schmidt erzielt - ein Däne ;)
 Abends gabs meistens Musik mit lauschigen Sitzgelegenheiten am Boulevard. Brrrrrr - war es da kalt!
 Wer auf der Bühne stand, hab ich nciht mitbekommen. Es klang aber nach einer Muse-Billigversion.

Verrückte Sachen gibt es hier! Gleich beim Citycampus der Uni gibts ein Café mit riesigem Bücherantiquariat im Keller. Bis dahin ja noch nichts allzu Ungewöhnliches. Die Dekoration allerdings!!!!!!!!

Hier sind nochmal meine drei Scham-Kameraden. Gruselkeller überlebt.
 Falls ich noch nicht darüber gepostet hab - tata! - mein größter Chai Latte bis jetzt. Stilgetreu im Ottakringer-Krügerl.
 Das es bei meiner all-donnerstaglichen Parcourstunde kaum Matten gibt, hab ich ja schon erwähnt.
 Aber hab ich auch schon erwähnt, dass man Parkour beherrschen muss, um in das Büro im Obergeschoß zu gelangen? ;)

Weils so toll war, noch ein Foto aus dem MyRobotFriend-Konzert im Loppen. Diesmal aber der nette Support-Typ Cavio. Geiler dänischer Elektroscheiß.

Direkt im Unigebäude hab ich ein supernettes Pub entdeckt. Einfach mal um die Ecke in einen noch unbekannten Korridor gebogen und schwupps steh ich in diesem Sofa-gefüllten Uni-Pub mit Traumpreisen. An den Bierpreis (soetwas wie der Kopenhagen-interne BigMac-Index) kann ich mich leider nicht mehr erinnern, aber der Tee kostete 3 Kroner - DREI!!! Das ist nichts!!!! Ein Bier kostet normalerweise wortwörtlich das Zehnfache.
Oh und ein netter Bartender war inklusive.

 Wirklich ganz in unserer Nähe ist das unfassbar gemütliche "Tjili Pop" auch hier gibts zumindest jeden Mittwoch gratis Live-Musik.

Meine kanadischen Freunde haben mir versichert, dass sie zuhause ohne Probleme radfahren. Hier hatten sie aber sichtlich Schwierigkeiten ;)

Das Kino hier auf dem Foto ist auch eine Bemerkung wert. Wie man leider nur schwer erkennen kann, ist es unfassbar bunt. Jetzt könnte man meinen, da hat man einen Verrückten darauf losgelassen. Es war aber ein Universitätsprofessor. Irgendwie hat es was, auch wenn es so gar nicht mit seiner Umgebung harmonieren möchte. Jedenfalls ist der Künstler der Skulpturen im Vordergrund (noch schwerer zu erkennen) wahnsinnig sauer, weil er seine schwarzen Skulpturen auf das damals noch weiße Gebäude im Hintergrund abgestimmt hatte (angeblich kommt es immer noch zu regelmäßigen Wutausbrüchen im dänischen Fernsehen).

 So - das wars vom September.
Ich warte immer noch auf den von der Wissenschaft prognostizierten Einbruch meiner Glücklichkeit während eines Auslandsaufenthaltes - zum Glück vergebens.